Lite ra
RIsches Berlin
|
Lyrik - Buchbesprechungen
|
Neue Bücher
Empfehlungen
Max Dauthendey
Weltspuk
Gedichte
Europäischer Literaturverlag
2015
Franco
Beltrametti
Zweiter Traum /
Secondo sogno
Ausgewählte Gedichte
Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch
Limmat Verlag 2014
Marcel Beyer
Graphit
Gedichte
Suhrkamp Verlag 2014
bestellen bei
|
Wallace
Stevens
Teile
einer Welt
Jung und Jung, 2014
Für
Wallace Stevens tritt an die vom Atheismus unbesetzten Stelle die Dichtung, die
den Menschen einen Sinn gibt. Mit
„seherischen Zeilen“ und „buchstäblichen Wesenszüge“ schafft die
Poesie Welten in den Herzen und macht das Lebensleid ertragbar.
Getragen von Naturspektakeln steht die romantische Grundstimmung
seiner Gedichte in der Tradition eines Walt Whitman. Stevens zeichnet mit
zeitlosen und archaischen Landschaften, Bergen, Wetterlagen, mit
Jahreszeiten, Schnee, Wind und Sonne, die harten Kanten der irdischen
Existenz: „Man braucht einen Wintersinn, / Um den Reif und die Schnee /
Verkrusteten Kiefernzweige zu betrachten (…) / um nicht an Elend / Zu
denken im Geräusch des Windes“.
Immer wieder findet Stevens Gesang die poetischen Bilder in der Welt der Vögel.
Das rastlose Hin und Her an den Strand schlagender Wellen stellt er mit dem
Sich-Niederlassen eines kleinen Vogels gleich, der doch nie ein Nest baut.
Der Schrei des Pfaus kündigt das unheimliche Nahen der Nacht und die
Herrschaft der Farbe Schwarz an. In seiner Schmähreden gegen Gänse,
erhebt sich der Geist vom Erdenschweren „Und die Seele, o ihr Ganter, die
allein ist, fliegt / Weiter als eure frostigen Wagen, hin zu den Himmeln.“
Harmonium ist Stevens erster, 1924, veröffentlichter Gedichtband, der auch
diese Edition eröffnet. Erst sehr viel später wurde seine Poesie von einer
größeren Öffentlichkeit entdeckt und heute gilt er als einer der
bedeutendsten Dichter der USA. Existentielles und Melancholisches mischt
sich mit der Euphorie des Dichters, an dessen Erzeugnis die ganze Welt hängt:
„Das Gedicht des Geistes, im Tun begriffen, / das Befriedigende zu
finden.“ Und Wallace Stevens findet das Befriedigende überall. „In
diesem Fluss, weit diesseits des Styx, / Ist schon das Fließen des Wassers
eine Freude, / Blitzend und blitzend in der Sonne“, aber
auch im nassen Herbststurm, an dunklen, kalten, schwierigen Orten, die dem
Menschen feindlich sind, malt er das Schöne und lässt Musik erklingen. In
seinem späteren Werk gerät seine Poetik letzlich zum Jubilieren. Der
Atheismus seiner frühen Tage hat sich verflüchtigt
Wie der Titel dieser, sieben Gedichtsammlungen umfassenden, zweisprachigen
Auswahl ankündigt, handelt es sich um ein modernes Welttheater und Stevens
inszeniert in seiner Dichtung Ausschnitte
der Welt. „Es zählte nur, daß sie / In der Armut ihrer Worte / Einen
Wesenszug oder ein Gepräge, / Einen Zustrom, wenn auch nur halb erfasst, /
Des Planeten tragen sollten, von dem sie Teil waren.“ Und in diesem
poetischen Theater berührt er die Sinne in einer großartigen Intensität.
(hkl)
Nächste
Rezension
***
bestellen bei
|
|