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Wallace Stevens

Teile einer Welt


Jung und Jung, 2014

Für Wallace Stevens tritt an die vom Atheismus unbesetzten Stelle die Dichtung,  die den Menschen einen Sinn gibt.  Mit „seherischen Zeilen“ und „buchstäblichen Wesenszüge“ schafft die Poesie Welten in den Herzen und macht das Lebensleid ertragbar.  Getragen von Naturspektakeln steht die romantische Grundstimmung seiner Gedichte in der Tradition eines Walt Whitman. Stevens zeichnet mit zeitlosen und archaischen Landschaften, Bergen, Wetterlagen, mit Jahreszeiten, Schnee, Wind und Sonne, die harten Kanten der irdischen Existenz: „Man braucht einen Wintersinn, / Um den Reif und die Schnee / Verkrusteten Kiefernzweige zu betrachten (…) / um nicht an Elend / Zu denken im Geräusch des Windes“.
Immer wieder findet Stevens Gesang die poetischen Bilder in der Welt der Vögel. Das rastlose Hin und Her an den Strand schlagender Wellen stellt er mit dem Sich-Niederlassen eines kleinen Vogels gleich, der doch nie ein Nest baut. Der Schrei des Pfaus kündigt das unheimliche Nahen der Nacht und die Herrschaft der Farbe Schwarz an. In seiner Schmähreden gegen Gänse, erhebt sich der Geist vom Erdenschweren „Und die Seele, o ihr Ganter, die allein ist, fliegt / Weiter als eure frostigen Wagen, hin zu den Himmeln.“
Harmonium ist Stevens erster, 1924, veröffentlichter Gedichtband, der auch diese Edition eröffnet. Erst sehr viel später wurde seine Poesie von einer größeren Öffentlichkeit entdeckt und heute gilt er als einer der bedeutendsten Dichter der USA. Existentielles und Melancholisches mischt sich mit der Euphorie des Dichters, an dessen Erzeugnis die ganze Welt hängt: „Das Gedicht des Geistes, im Tun begriffen, / das Befriedigende zu finden.“ Und Wallace Stevens findet das Befriedigende überall. „In diesem Fluss, weit diesseits des Styx, / Ist schon das Fließen des Wassers eine Freude, / Blitzend und blitzend in der Sonne“,  aber auch im nassen Herbststurm, an dunklen, kalten, schwierigen Orten, die dem Menschen feindlich sind, malt er das Schöne und lässt Musik erklingen. In seinem späteren Werk gerät seine Poetik letzlich zum Jubilieren. Der Atheismus seiner frühen Tage hat sich verflüchtigt
Wie der Titel dieser, sieben Gedichtsammlungen umfassenden, zweisprachigen Auswahl ankündigt, handelt es sich um ein modernes Welttheater und  Stevens inszeniert in seiner Dichtung  Ausschnitte der Welt. „Es zählte nur, daß sie / In der Armut ihrer Worte / Einen Wesenszug oder ein Gepräge, / Einen Zustrom, wenn auch nur halb erfasst, / Des Planeten tragen sollten, von dem sie Teil waren.“ Und in diesem poetischen Theater berührt er die Sinne in einer großartigen Intensität. (hkl)

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 10. Juni 2015