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Aus dem Amerikanischen Christine Richter-Nilsson

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Wenn die Hauptfigur aus Open City durch New Yorks Straßen und Parks wandert, verleiht Cole ihm seinen, im eigenen, fotografischen Blick und seine innere Resonanz. Ein ungewöhnliches, unorthodoxes Erleben dieser Stadt wird hier wiedergegeben. Unwillkürlich wird der Leser in diese exklusive Schau hineingezogen und verzaubert.
Am New Yorker Himmel sucht der stadtwandernde Erzähler in Open City nach Zeichen. Er verfolgt beispielsweise die „natürliche Migration“ der Zugvögel, oder, wie im Kontrast zu den Menschenmassen, die „wie einem widernatürlichen Todestrieb“ folgend, in die katakombengleichen U-Bahnen zu strömen scheinen, entdeckt er über einer Hecke in der Luft einen Bienenschwarm, der ihn an den höchsten Gott der Yoruba-Religion, Olodumare erinnert. In der nigerianischen Heimat seines Vaters, wo der Ich-Erzähler, wie Teju Cole selbst, einen Teil seiner Jugend verbrachte, sagt man, dass Olodumare einem Bienenvolk gleich im Himmel sitzt. Hier wird der alltäglichen Umgebung fast sakrale Bedeutung verliehen, ganz wie es in Gaston Bachelars Buch Poetik des Raumes entwickelt wird. Cole inhaliert die Stadt und verknüpft Beobachtetes mit Assoziiertem seiner Lebenswelt: Kunst, Musik, Literatur, Begegnungen mit Menschen und verflicht sie in die inneren Betrachtungen seines Protagonisten.
New York wird mit Handschriften des Mittelalters verglichen, die, damit die kostbaren Blätter erneut verwendet werden konnten, immer wieder abgekratzt und neu beschrieben wurden. Alle Orte, wie man sie vorfindet, sind einmalige Ausschnitte der Zeit. Viele davon, wie auch die Stelle, an dem die Zwillings-Türme gestanden hatten, bestehen aus vielen Schichten von Siedlungen und Bauten, die manchmal bis in die Zeit der Native Americans zurückreichen, vor der Eroberung des Kontinents durch die Europäer. Immer schon wurde in New York Älteres abgetragen oder gewaltsam zerstört und Neues darüber errichtet.
Die Übersetzung ins Deutsche, mit einer sehr stimmigen Sprache, die eine dem Original ganz nahe kommende Stimmung erzeugt, ist mehr als gelungen. Teju Cole hat selbst darüber „gewacht“, den er wollte ohne Alternative, dass Christine Richter-Nilsson Open City ins Deutsche bringen sollte. (bpk)

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 18. Oktober 2014