Olga Grjasnowa
Der Russe ist einer, der
Birken liebt.
Hanser Verlag, 2012
Die Protagonistin Mascha
ist Aserbaidschanerin. Während des Konflikts um die Region Bergkarabach
geriet sie und ihre jüdisch-russische Familie in Baku immer wieder in
Lebensgefahr. Mascha war elf als sie schließlich ins deutsche Exil
kamen. Nun als junge Frau, lebt sie in Frankfurt in einem verästelten
kosmopoliten Freundeskreis, manche wie sie in einer Heimat und
Doch-Nicht-Heimat Gestrandete.
Der Schock des unerwarteten Todes ihres Freunds Elias bringt ein
verdrängtes Trauma wieder an die Oberfläche. Sie versucht sich selber
auszuweichen und nimmt eine Arbeitsstelle in Israel an. Doch sich selbst
zu fliehen soll ihr in diesem, von blutigen und scheinbar unlösbaren
Konflikten heimgesuchten, Land nicht gelingen, kann sie sich doch den
gewalttätigen Wirklichkeiten Israels und Palästinas nicht entziehen. Die
äußerlichen Ereignisse und ihr innerliches Erleben verschmelzen
letztlich in einer erschütternden Szenerie der Gewalt.
Olga Grjasnowa erzählt mit
einer schnellen, scharfen Sprache. Die Absurdität mancher alltäglicher
Kommunikationen, die feinen Momente, die Amplituden menschlicher
Emotionen, alles entfaltet sich unverkrampft und nicht ohne einen Humor,
in dem oft Tragik mitschwingt. Sie lässt ihre Erzählfigur penibel
beobachten. Am intensivsten beobachtet Mascha sich selbst, ihre Gefühle,
Unklarheiten, auch kleinste Details ihrer Innenwelt gelangen auf die
Seiten des Buches.
Wenn man nach Erklärungen
sucht, weshalb einen dieses Buch von Anfang an nicht wieder loslässt, so
ist sicherlich eine dafür die besonders nachdrückliche Sprache
Grjasnowas. Trotz der tragischen Eckdaten ihrer Geschichte gleitet sie
nie ins Sentimentale ab; im Gegenteil, durch einen ganz eigenen
Blickwinkel, werden Glück und Unglück, Liebe, Trauer, Wut, in
einer miterlebbaren Tiefe inszeniert.
(bpk)
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