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Sean
Scully
Inner
The Collected Writings of Sean Scully
Hrsg. Kelly Grovier
(englisch)
Hatje Cantz Verlag, 2016
Gegen den Minimalismus der „coolen“
Jahre in der Malerei setzt Sean Scully auf das rebellische und geheimnisvolle Wesen der Ölmalerei, um ihr die
„emotionale und spirituelle Kraft“ zurückzugeben, die ihr abhanden
gekommen war. Alchemie und
Mysterium kommen ins Spiel. Damit versucht er der „abstumpfenden
Ambition“ der modernen Welt, die alles vollständig unter Kontrolle haben
muss, etwas entgegen zu setzen. Ihm geht es nicht um Perfektion sondern um
die Liebe oder Schönheit und die Imagination, der er mehr Bedeutung als dem
bloßen Wissen beimisst.
In „Inner“ begegnen mehr als 200 Texte Scullys – Essays, Text-Bilder,
Interviews, Aufzeichnungen aus seinen Vorlesungen, etc. – 120 seiner
Bildwerke. Darin
unterstreicht Scully wieder und wieder das
Magisch-Mystische. Zu seinem Bild Come
and Go (1981) schreibt er: „The way that things come and the way that
things go. And
I am referring to the fact that when you think you’ve got something is
when you haven’t got it, and when you don’t expect it: it arrives. One
has to learn to accept this and understand what we are and what we are
not.” Die Dinge sind für ihn äußerlich
und innerlich im Dualismus gefangen und dennoch ist es möglich alles als
Einheit zu sehen.
In der Fülle von Sean Scullys Bildern, mit den typischen Streifen und
Quadern aus Farbschichten, die manchmal wie Backsteine anmuten, erscheint
jedes Werk wie ein einzigartiger Ausschnitt eines unfassbaren Ganzen,
unendlich fortführbar und jedes Bild, individuell enthusiasmierend,
vielleicht berührend, beruhigend oder den Betrachter mit einer Verwirrung
konfrontierend.
In der Abstraktion und dem Minimalismus seiner Werke, mit großen Formaten
und reichem subtilem Farbenspektrum, eröffnen Rhythmus und Metaphorik die
Poesie subtiler Themen. Wenn Jürgen Habermaß formuliert, Kunst habe keine
Bedeutung außerhalb sich selbst, sucht Scully in der Malerei eher nach
Sinnhaftem. Seine metaphorische Intention wird deutlich wenn er über seine
Bilder Windows spricht und darin
Fenster oder Türen als „Versprechen“ bezeichnet mit denen Mauern ihre
„Umbarmherzigkeit“ verlieren, sie „Menschen würdig“ machen.
In einigen seiner Texte bezieht er sich auf den Austausch zwischen Kunstwerk
und Betrachter. Scully möchte die Wirkung seiner Bilder klar und
offensichtlich halten. Der Betrachter
soll beim Anschauen das Gefühl haben, er selbst hätte das Bild gedacht,
ja, dass Scully diese Gedanken von ihm gestohlen hätte; das ist für ihn
Empathie.
In dem kurzen Essay Steve aus dem
Jahr 1983 schreibt der Maler zu dieser mysteriösen Kommunikation von Kunst
und Mensch und Mensch und Kunst: „Like a book a painting sleeps when it is
not being looked at.“ Wenn jemand ein Buch öffnet, so ist es als
entfalteten sich die Flügel eines Engels und Gemälde, die an Wänden
schlummern, bewahrt nur ihre geheimnisvolle Ausstrahlung davor, in einer
Welt voll schreiender Bilder übersehen zu werden – der kurze Blick eines
Betrachtenden wird genügen, um etwas in Bewegung zu bringen.
(bpk)
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