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Rétif de la Bretonne

Monsieur Nicolas
oder Das enthüllte Menschenherz

Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Reinhard Kaiser




Galiani Berlin, 2017

Der Zwang, von seinen intimsten Neigungen schriftlich Zeugnis abzulegen, bringt den jungen Nicolas Edme Rétif de la Bretonne (1734-1806) schon früh in Nöte. Nach der Entdeckung seiner Aufzeichnungen verwehrt ihm die Familie das Studium, schickt ihn stattdessen aufs Land und gibt ihn schließlich zu einem Drucker in die Lehre. Die Lehrzeit in Auxerre, vor allem gedacht als Reglementierung und Beruhigung seines Temperaments und doch eher im Liebesrausch verbracht, bildet das Herzstück der in Monsieur Nicolas oder Das enthüllte Menschenherz vorgelegten erotischen Enthüllungen.
Begabt mit überlegener Bildung, mit Lebensart und persönlichem Charme reihen sich immer neue amouröse Eroberungen des Druckerlehrlings aneinander und umgeben, wie Rankwerk, das eine besondere und über lange Zeit platonisch bleibende Liebesverhältnis zur Ehefrau seines Lehrherrn. Vor, während und nach dieser überaus zart und diskret geschilderten, verbotenen Liaison widmet sich der junge Libertin mit einer zauberhaften, fast poetischen Verführungskunst der ganzen, ihn umgebenden, Welt der Mädchen.

Als Fünfzehnjähriger hatte Rétif begonnen ein Tagebuch zu führen, eine Gewohnheit, die er bis zum Ende seiner, sich mehr und mehr eintrübenden, Tage in Paris beibehielt. Sich persönliche „Gedenktage“ zu schaffen, nennt er als Hauptzweck dieser Aufzeichnungen; ein weiterer ist es,  „dieses Knäuel an Gelüsten und mitunter extremen Leidenschaften“ festzuhalten und für sein ab 1760 beginnendes und zunächst sehr erfolgreiches schriftstellerisches Werk als Rohmaterial zu nutzen.
Sein Monsieur Nicolas oder Das enthüllte Menschenherz, ein Unterfangen, das vermutlich von den 1782 erschienenen Bekenntnissen Jean–Jacques Rousseaus inspiriert wurde, stand unter weniger günstigen Sternen. Rétif beendet nach anderthalb Jahren, im Frühjahr 1785, die Arbeit an dem 5000-seitigen Manuskript und übergibt es dem Zensor, bei dem es Jahre liegen bleibt.  Auf dem größten Teil der schließlich von ihm selbst gesetzten und gedruckten Auflage bleibt er  sitzen, auch in Folge der revolutionären Ereignisse um 1789. Dabei findet das Werk nur knappe zehn Jahre später jenseits des Rheins große Beachtung. Wilhelm von Humboldt schätzte es und suchte seinen Autor in Paris auf. Auch Friedrich Schiller las den Monsieur Nicolas mit großem Ergötzen und legte das Buch Goethe ans Herz, „denn eine so heftig sinnliche Natur ist mir nicht vorgekommen“.
Reinhard Kaiser, Übersetzer und Herausgeber, hat den Monsieur Nicolas auf, mit Genuss zu lesende, gut 600 Seiten verschlankt und mit einem Nachwort und einem umfangreichen Apparat versehen.
 (ak) 

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 Stand: 28. November 2017