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Arundhati Roy

Das Ministeriums des Äussersten Glücks

aus dem Englischen übersetzt von Anette Grube




S. Fischer Verlag, 2017

Wie aus einem phosphoreszierenden Stoff  ist Arundhati Roys neuer Roman gesponnen, ausdrucksstark, sinnlich. Elegant Genres überschreitend, erzählt sie Geschichten von einzelnen Menschen und Orten, die, wie sie dem Guardian gegenüber erwähnt, auf sie zukommen, wenn sie sich durch Delhi treiben lässt, zu ungewöhnlichen Plätzen, auch an die traurigsten Orte und sich einfach an den  „Verrücktheiten" und  „all den Schätzchen" freut, die ihr begegnen. Die Geschichten, die sich ihr auf diesen Wegen enthüllen, fordern erzählt zu  werden.
In Das Ministerium des Äussersten Glücks unternimmt sie den Versuch die Gänze des menschlichen Lebens in seiner Gespaltenheit einzufangen, in seinem Irrwitz, seiner Härte und seiner überwältigenden Schönheit. Fast überstilisiert scheinen ihre Figuren in einem magischen Theater zu agieren und gerade das macht sie begreifbar und wirklich.
Die Eröffnungsgeschichte zeigt das Leben des heranwachsenden Ajab, eines Hermaphroditen, einer Hijra in Urdu. Obgleich die Eltern sich gegen das geheimnisvolle Geschlecht ihres transsexuellen Kindes sträuben, umgeben sie es mit liebevoller Zuwendung, bis Ajum, wie sie sich später selbst nennt, fünfzehnjährig, ein Gemeinschaftshaus von Hijras entdeckt. Angezogen von dem überschäumenden Leben der Diven und Königinnen, verlässt sie die Wärme ihres Elternhauses, um sich in diesem „Haus der Träume" ihrer Weiblichkeit hingeben zu können.
Um Roys Hauptfigur Ajum, versammelt sich im Laufe der Geschichte  eine Gemeinschaft von Marginalisierten, Verlassenen, Gedemütigten. Es sind Menschen am Rand der Gesellschaft, aus den untersten Kasten, aus unterschiedlichsten Gründen Verfolgte, die in einer Art Parallel-Welt auf einem Friedhof in der Mitte der Stadt Wohnräume neben Grabstätten errichten und ein ungewöhnliches Refugium entstehen lassen, das sie  Jannat, himmlischer Garten, nennen. Hier fließen die einzelnen Erzählungen zusammen, von Ajum und warum sie einen Friedhof zu ihrem Wohnort wählte, von einem Liebespaar im Zentrum des Kashmir Krieges, von einem jungen Mann, der lange Zeit keine andere Wohnstatt als auf Bäumen finden kann und von einem ausgesetzten und doch von vielen geliebten Baby.

Immer stand Roy selbst am Rand der Gesellschaft, als Tochter einer syrisch-christlichen Mutter und eines hindu-bengalischen Vaters aus einer niedrigen Kaste, als Aktivistin für die Menschenrechte, aber auch als Schriftstellerin und Grenzgängerin, die der Vielfältigkeit und den Verästelungen des Menschseins verbunden ist.
In  Das Ministerium des Äussersten Glücks ist es ihr gelungen, auf den Schwingen ihres fiktionalen Erzählens, einen feinsichtigen Blick auf die gesellschaftlichen Wirklichkeiten Indiens und die individuellen Lebensausschnitte der Menschen zu richten, mit der, zwischen den Zeilen zu lesenden, universellen Aufforderung, sich gegen die eigene Gleichgültigkeit zu empören. 
(bpk) 

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008-2017 yuba edition / Axel Klappoth (Berlin)
 Stand: 01. November 2017