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Harald Seubert
Platon
Anfang, Mitte und Ziel der Philosophie
Verlag
Karl Alber, 2017
Diese Monographie unternimmt keinen geringeren Versuch,
als die Gesamtdarstellung der Philosophie Platons. Die beträchtliche
Wirkbreite des antiken Philosophen verdeutlicht Harald Seubert eingangs
mit dem Zitat, dass „alle Philosophie des Abendlandes sich als Fußnote
zu Platons Werk“ lesen lässt.
Der Titel verspricht eine lineare Darstellung der platonischen Lehre.
Dass das keineswegs, wie man annehmen könnte, eine einfache und
selbsterklärende Strukturierung ist, hängt mit Platons Verständnis von
Erkenntnis und der Fassung von Wahrheit und Wirklichkeit zusammen. Wir
beziehen uns auf die Schriftstücke eines Philosophen aus dem 5.
Jahrhundert vor Christus, der der Verschriftlichung mit großem
Misstrauen gegenüberstand und dagegen die Fähigkeit anführte, Wissen
situationsgebunden immer wieder neu darstellen zu können, was erst die
Güte der Erkenntnis eines Menschen ausmache.
Ein wichtiger Streitpunkt in der Platon-Forschung entfacht sich so auch
an der Frage, ob man sich Platon über die sichtbare, äußere Form nähern
soll oder den Umständen der Entstehung seiner Texte mehr Bedeutung
schenken und den verborgenen Sinn hinter den Dialogen suchen soll. Form
oder Kontext, exoterisch oder esoterisch, Seubert verdeutlicht, dass
sich diese Unterscheidungen nicht konsequent aufrechterhalten lassen und
führt Schleiermachers Aussage an, wonach bei Platon das Esoterische das
Exoterische sei und umgekehrt. Der Autor bedient sich für Platons
Philosophie immer wieder des Bildes eines Wurzelgeflechts, das in alle
Richtungen zugleich ausgreift, unzählige Querverbindungen aufweist und
in dem sich die wechselseitige Referenzialität ausdrückt.
Auch betont er, das Platon sich von dem antiken griechischen
Selbstverständnis des Wettkampfs insofern abhebt, als seine Philosophie
nicht der Logik des Siegers und Besiegten folgt, sondern eine friedvolle
Versöhnung und Harmonisierung all der Einzelstimmen betreibt. Sein
Wettstreit hat zum Ziel die Wahrheit, begnügt sich somit nicht damit
überlegen zu sein und ist – und das ist vielleicht das Wichtigste –
immer eine Suche nach Selbsterkenntnis. In die Befragung der Welt, in
der Suche nach Wahrheit und nach dem was ist, mischt sich fortwährend
der Blick auf den Fragenden selbst.
Der Titel und das Programm dieses Buches „Anfang, Mitte
und Ziel der Philosophie Platons“ sind Seuberts Versuch für ein schwer
zu fassendes, schier uferloses philosophisches Werk eine Struktur zur
besseren Handhabung bereit zu stellen. Hier sind sowohl Forderungen der
esoterischen Deutungsschule nach kontextueller Verortung berücksichtigt,
Schaffensphasen abgebildet, als auch eine inhaltliche Zielführung
platonischer Philosophie nachvollzogen.
Es ist die Eigenart Platons, die „Nüchternheit mit
spekulativem Gedankenflug miteinander verbindet“, der Seubert hier auf
der Spur ist - diesem Spannungsverhältnis zwischen Wissen und Weisheit,
der diskursiven Aporetik Platons, die die Erarbeitung oder Annäherung an
die wichtigsten Fragen unseres Seins als philosophische Methode bis
heute prägt und zugleich die Moderne immer wieder überfordert.
(hk)
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