Man Ray
Portraits
Paris-Hollywood-Paris
Herausgegeben von
Clément Cheroux
Übersetzt von Matthias Wolf
Erschienen im
Schirmer / Mosel Verlag,
2011.
Fasziniert von der europäischen Avantgarde, den Surrealisten und
Dadaisten nahm Man Ray als junger ambitionierter Künstler seinen Weg von
der Portraitmalerei zur Portraitfotografie. Sein oft bekundetes
Interesse am menschlichen Gesicht findet sich in der Schenkung von 12
304 Negativen, die 1994 und 1995 dem Musée national d´art moderne zu
Teil wurde, bestätigt. Zwei Drittel der Aufnahmen aus einem halben
Jahrhundert (1921-1976) sind Portraits von Berühmtheiten aus Literatur,
Kunst und Gesellschaft.
Der Erfolg Man Reys erwuchs aus der Mundpropaganda. Befreundete
Künstler, wie Marcel Duchamps machten ihn schnell in der Szene am
Montparnasse bekannt und verhalfen ihm zu zahlreichen Aufträgen. Die
Begeisterung seiner Kunden ermöglichte es Ray, Freunde unentgeltlich
abzulichten und von zahlungskräftigen Kunden gigantische Preise für die
einzelnen Portraits zu fordern.
Was macht das Besondere seiner Fotografie aus, deren Faszination sich
nur wenige Berühmtheiten seiner Zeit entzogen?
Wie aus zahlreichen begeisterten Dankbekundungen hervorgeht, gelang es
Man Ray, die Portraitierten so in Szene zu setzen, wie sie sich selbst
gerne sahen. André Breton nannte diese Kunst die Fähigkeit, ein Gesicht
zwischen „Traum und Tat“ einzufangen. Damit steht der Fotograf in
Opposition zu der Schule des Neuen Sehens und der Neuen Sachlichkeit,
die die ungeschminkt biologische, schonungslose Widergabe eines
Gesichtes propagierten. Anstelle von maximaler Schärfe stehen bei Ray
weiche Konturen und eine schmeichelnde Ausleuchtung des Antlitzes im
Vordergrund.
Zwar macht dies den Katalog mit 500 ausgewählten Portraits zu einem
Album der Eitelkeiten, gewährt aber darüber hinaus einen tiefen Einblick
in die illustre Szene und die individuellen Wünsche der Künstler und
Prominenten. Der scheinbar zufällig aus der Inszenierung herausfallende
Moment, indem ein Kopf gedreht, ein Blick festgehalten wird, macht den
Reiz und die Tiefe der Portraits Man Rays aus.
Der Fotoband ist der Abschluss der Digitalisierung des Negativnachlasses
und eröffnet einem breiten Publikum, was normalerweise unzugänglich
bleibt: Einen tiefen Einblick in die Portraitfotografie des Künstlers
und gleichzeitig in die Welt der Fotografierten. Die einzelnen
Fotos sind mit kurzen Unterschriften versehen, die Größe, Datum und
Material der Fotografie und Biographisches zur Person nennen. Zwei
einleitende Essays begleiten die eindrucksvolle Bilderflut.
(hkl)
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