Kunst und Kultur - Buchbesprechungen |
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Landschaftstheoretische Aquarelle Herausgegeben von Noah Regenass, Markus Ritter, Martin Schmitz
Die begrifflichen Stolpersteine im Titel dieses Bandes -
Landschaftstheoretische Aquarelle und Spaziergangswissenschaft – weisen
auf die drei maßgeblichen Pfeiler der Burckhardtschen Arbeit hin: Kunst,
Wissenschaft und, wenn auch unausgesprochen und oft unfreiwillig, Humor.
Lucius Burckhardt (1925-2003) war Schweizer Soziologe und ab 1973 für
gut zwei Jahrzehnte Professor für Sozioökonomie urbaner Systeme im
Fachbereich Architektur, Stadtplanung und Landschaftsplanung an der
Gesamthochschule in Kassel. Dass der Urbanismuskritiker der, allen
Gesundheits- und Umweltgefährdungen spottenden Planung der autogerechten
Stadt, das wissenschaftliche Spazierengehen entgegensetzt, scheint auf
den ersten Blick nur frivol, erweist sich aber bei genauerem Nachspüren
als durchaus folgerichtig. Burckhardts Ziel ist das konzentrierte und
bewusste Wahrnehmen unserer Umwelt mit dem möglichen Ergebnis, das bloße
Sehen zum Erkennen zu entwickeln. Dann stellen sich Fragen wie: Wer
plant die Planung? Warum ist Landschaft schön? Wo beginnt die
Landschaft? Sind wir Teil der Landschaft? Die Herausgeber dieses Bandes haben die elf spaziergangswissenschaftlichen, großenteils noch nicht veröffentlichten Texte Burckardts, angefangen mit dem sogenannten Urspaziergang in Riede, 1976, über Die Fahrt nach Tahiti in Kassel, 1987 und Das Reisebüro der Villa Medici in Rom, 1998, jeweils mit einer Anzahl seiner landschaftstheoretischen Aquarelle kombiniert und ihnen eigene Texte, als Interpretationshilfen und Ermutigungen beigegeben. Diese, auf der 14. documenta gezeigten, wunderlichen Bilderrätsel, dienen der Visualisierung, der historisch gewordenen, von Literatur, Kunst bis hin zu Tourismuswerbungen beeinflussten, Wahrnehmungsmuster, die zwischen dem Betrachter und dem Betrachteten stehen. Die Erhabenheit, in der Gestalt des Matterhorns verbildlicht, und der liebliche Ort, als Einheit von Rundtempel und Zypresse dargestellt, sind besonders prominent unter den diskutierten Mustern. Die zugehörigen Aquarelle zeigen eine Landschaft, in die zwei Engel mit dem schief zwischen sich gehaltenen Matterhorn schweben, noch nicht wissend, wie sie es tatsächlich platzieren sollen; das andere einen See, auf dem ein Dampfschiff mit Rundtempel und Zypresse im Schlepptau zu sehen ist. Bringt es den lieblichen Ort oder zieht es ihn aus dem Bild, weil die Motive unpassend und kitschig sind? Alle Texte und Aquarelle haben diese augenzwinkernde Komik. Dazu passt das dezidiert nicht Katastrophenhörige in Burckhardts zivilisationskritischem Denken: „Das System, das wir gegenwärtig als die Natur bezeichnen, enthält auch uns. Deshalb glaube ich auch nicht, dass wir in der Lage seien, die Natur zu zerstören – da überschätzen wir uns doch ein bisschen.“ (ak) |
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Literatur
in Berlin:
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Pross-Klappoth (Berlin)
Stand: 17. Oktober 2017