Lite ra
RIsches Berlin
|
Kunst und Kultur -
Buchbesprechungen
|
Bücher
Empfehlungen
Hanna Mattes
Searching for the
Cold Spot
Englisch
Deutscher Kunstverlag 2017
Stefan Gronert
Die Düsseldorfer Photoschule
Photographien 1961-2008
Schirmer Mosel
Verlag 2017
Sebastian Kusenberg
Pictures Inside Me Englisch /Deutsch
Kehrer Verlag 2015
Die Göttliche Komödie.
Himmel, Hölle, Fegefeuer aus Sicht afrikanischer Gegenwartskünstler
Kerber
Verlag
|
Karl
Bohrmann
In der Luft
Zeichnungen und Collagen
1978-1998
Texte von Michael Krüger und Michael Semff
Sieveking Verlag, 2016
Reine Poesie
vermitteln
Karl Bohrmanns
Kunstwerke. Alles fliegt,
schwebt. In seinen feinen Minimalismen wirkt die Erdanziehung wie
aufgehoben. Das All und der Himmel ziehen nach oben. „Zeichnen wie der
befreite Vogelflug“ oder „Wie der Anflug zu singen“, Bohrmann will alle
Schwere aus dem Prozess des Schaffens herausnehmen. In seinen Werken ist
der Horizont oft ganz nah am unteren Bildrand gehalten und Luft, freier
Raum und Himmel nehmen den größten Teil des Bildes ein. Imaginative
Kleinstszenen, winzige Strichflugzeuge, die er in den Wolkenstreifen
schaukeln lässt, zarteste Fesselballons treiben wie Medusen in der Luft.
Schwebende, geometrische, sternenbildartige "Himmelsobjekte" bestimmen
seine Bilder in ihrer entscheidungs-indifferenten Schwerelosigkeit des Daheingleitens.
Manchmal ist dabei nicht offensichtlich ob die Szene von unten, vom
Irdischen oder von oben, vom Himmlischen aus betrachtet wird.
Einen, zu der Empfindung des kosmischen Driftens kontrastierenden
Eindruck, lösen seine Werkstücke aus, in denen die Dinge herunterfallen,
aus der Luft stürzen. Der Horizont ist eher hochliegend in diesen
Bildern und materialisierte, traumatische Kriegserlebnisse evozieren
eine Atmosphäre von höchster Bedrängnis. Die Dramatik darin wird durch
ausgesprochen wenig freien Raum auf dem Blatt, starke Farbkontraste und
ausgeprägte Gegenständlichkeit der Szenen hervorgerufen. Das macht
betroffen. Aus diesem Dualismus von Schweben und Fall, Leichtigkeit
und Gravität scheint Bohrmann sich herauslösen zu wollen. "Es geht um
das Ausklinken in diesem Moment des Segelflugs. Um das Loslassen."
Bekräftigt findet man diese Gegenbewegung zu Emotion und Materialität in
Bohrmanns aphoristischen Aufzeichnungen, manche zusammengefasst in Notizen
1972-1986: " Das Wichtigste ist die Entleerung, die
Gleichgültigkeit, die durch die Wiederholung dem Motiv gegenüber
eintritt, und das fehlende Bangen ums Gelingen, das mich ganz ins Machen
eintauchen (...) lässt".
Bohrmann illustrierte eine eigene Auswahl aus Fernando Pessoas
Gedichte des Alberto Caeiro / Hüter der Herden, die 1991 als
Kunstdruckband von der Maximilian-Gesellschaft herausgegeben wurden.
Pessoa spricht in diesen Gedichten eine mit Bohrmanns Kunst
geistesverwandte Sprache, die in vielen der Werkblätter Bohrmanns, die
In der Luft gezeigt werden, zu sehen ist: "Lieber den Flug des
Vogels, der vorüberzieht und keine Spur hinterläßt,/ als den Zug des
Tieres, der sich dem Boden einprägt./ Der Vogel fliegt fort, man vergißt
ihn, und so muß es sein. (...)" Man kann diese Gedichte wie ein
lyrische Entsprechung zu Bohrmanns fragil kontemplativer Bild-Kunst
verstehen, die immer versucht, Grenzen zu überschreiten und das Transitorische zum Ausdruck zu bringen.
Der Katalog In der Luft, der in dieser Auswahl von Zeichnungen
und Collagen von der Familie des Künstlers als geschlossener Werkblock
aus dessen Nachlass zusammengestellt wurde, zeigt Werke Bohrmanns die
bis zu der gleichnamigen Ausstellung 2016 in München noch nie öffentlich
präsentiert wurden.
(bpk)
Nächste Rezension
bestellen bei
|
|