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Empfehlungen

Die Göttliche Komödie. Himmel, Hölle, Fegefeuer aus Sicht afrikanischer Gegenwartskünstler
 Ausstellung im Museum für moderne Kunst Frankfurth A. M.
bis 27. Juli 2014
Katalog, Kerber Verlag 2014


Berlin Collectiva
Edith Kollath:
Manoeuvre of Plenty
Deutsch, Englisch
Distanz Verlag 2013
 


Dom Publishers 2012



Koudelka
 
"Roma"
Steidl-Verlag


Das jüdische Budapest
Péter Nádas (Autor),
Anton Thuswaldner (Autor), Monika Lirk (Fotograf),
Bruno Bourel (Fotograf)

Verlag Jung und Jung

 


Hrsg. von Andres Lepik und Simone Bader

Lina Bo Bardi 100

Brasiliens alternativer Weg
in die Moderne

Mit Texten von Renato Anelli, Vera Simone Bader, Anna Carboncini,
Gabriella Cianciolo Cosentino, Sabine von Fischer, Steffen Lehmann, Andres Lepik,
Zeuler R.M. de A. Lima, Olivia de Oliveira, Catherine Veikos, Guilherme Wisnik

Hatje Cantz Verlag, 2014


Die Casa de Vidro, das Gläserne Haus, war der erste programmatische Bau, den die italienische Architektin, 1951, im Stadtteil Morumbi, in São Paulo verwirklichte, nachdem sie zusammen mit ihrem Ehemann Pietro Maria Bardi nach Brasilien umgesiedelt war. Das schlichte gläserne Gebäude, das auf langen dünnen Betonpfeilern über der umgebenden Landschaft ruht, sollte zeitlebens das Wohnhaus Lina Bo Bardis bleiben. Später erhielt sie den Auftrag für den Bau des Museums für Moderne Kunst in São Paulo (MASP). Beide, das Wohnhaus wie der Museumsbau, waren der Moderne verpflichtet. Der brutale Kubus des MASP, schwebt, mit roten Stahlträgern wie mit Klammern gehalten, über der darunter entstandenen freien Fläche und sticht noch heute mit der Farbigkeit der Träger und der „liegenden“ Gestalt des Baukörpers vom, durch das helle Grau der Hochhäuser geprägten Stadtpanorama ab. Bo Bardis Idee einer vegetabilen Textur für die Außenwände des MASP, die im Dialog mit den Jahrhunderte alten Bäumen des nahe gelegenen Trianon Park stehen sollte, konnte aus statischen Gründen nicht verwirklicht werden. In den 1960er Jahren standen solche Konzepte der Einbindung landschaftlicher und vernakulärer Elemente in die Architektur allerdings noch in starkem Widerspruch zu den internationalen Stilvorstellungen.
Die Verbindung von Natur und Architektur und die Empathie für den lokalen kulturellen Kontext spielten schon bei der Planung des Gläsernen Hauses eine Rolle, bei der die hoch wachsenden Bäume und Sträucher in die architektonische Gestaltung einbezogen wurden. In den Projekten in Salvador de Bahia, mit der ausgeprägten afrikanischen Kultur der „Region Nordeste“ Brasiliens, erhielt Bo Bardi noch mehr Raum, ihr eigenwilliges, seiner Zeit vorauseilendes Architekturverständnis zu realisieren, zumal sie dort auf den Reichtum einer traditionellen und lebendigen Kultur zurückgreifen konnte.
Das Operieren mit Gegensätzlichem und dessen Auflösung zeigt Lina Bo Bardis enge Verbundenheit mit dem Surrealismus. In den Jahren der brasilianischen Militärdiktatur schriebt sie: „In historisch schwierigen Zeiten, in denen Strukturen zusammenbrechen, ist die Mystik die letzte Möglichkeit, um die Menschheit vor Passivität zu bewahren.“ Ganz ähnlich formulierte es der, mit Bo Bardi befreundete Regisseur des „Cinema Novo“, Glauber Rocha, der in der Mystik die einzige Sprache sah, das rationale Schema der Unterdrückung zu transzendieren. Wie der Regisseur in seinen Filmen versuchte Lina Bo Bardi als Architektin eine Synthese aus alter und avantgardistischer Kultur zu schaffen, eine hochgradig originelle Vereinigung zwischen archaischer und moderner Welt. Es ging ihr um den Erhalt der indigenen, amerikanischen und afrikanischen Kulturen, weshalb sie sich von Beginn an mit Mario Andrades Antropophagie-Bewegung identifizierte, die eine „Revolution gegen das Künstliche, gegen das Unauthentische“ formulierten, wie  Olivia de Oliveira in ihrem Essay zitiert.
Der Katalogband, der zur Ausstellung anlässlich Lina Bo Bardis 100stem Geburtstag am 5. Dezember 2014 in der Pinakothek der Moderne in München erschien, streicht in seinen zehn Essays vor allem die ausgeprägte Vorreiterrolle Bo Bardis heraus, die Bedeutung des Vernakulären und die besondere anthropologische und humanistische Qualität ihrer Architekturprojekte.
Ihr gläsernes Wohnhaus, das heute das Instituto Lina Bo e P. M. Bardi beherbergt, ist inmitten der Bäume luftig, durchsicht, klar, die Casa do Chame-Chame, im Kontrast, von einer vertikalen Natur eingefasst und spiralförmig, geradezu verschlungen, konzipiert. Hochabstrakte Gestaltungsformen brechen vernakuläre Elemente und umgekehrt. Das Kunstmuseum, die Casa do Benin will auf die kulturelle Beziehung Bahias zu dem westafrikanischen Benin hinweisen, von wo die Menschen als Sklaven nach Brasilien verschleppt wurden. In São Paulo transformierte Bo Bardi eine leer stehende Ölfässerfabrik in eine gigantische, zeitgemäße und soziale Freizeitstätte. Zwischen zwei hinzugefügten, nüchternen Betontürmen, die Sporthallen beherbergen, sind so genannte „Himmelsbrücken“ gezogen, die einen ständigen Wechsel von innen und außen, Begegnungen im Hin- und Her und die Verbundenheit in einer Gemeinschaft symbolisieren.
Neben den Essays lässt der Band, durch ein mannigfaltiges Material von Skizzen, Designs, Designentwürfen, Plänen, Studien, Fotos von und mit der Architektin und ältere Abbildungen von Lina Bo Bardis Bauten im Spiegel aktueller Fotographien, das überaus kreative Leben einer nicht einfach zuzuordnenden Künstlerin sichtbar werden.
(bpk)

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008-2013 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 20. Februar 2015