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Wenn man sich nicht darauf versteift, dieses Werk kategorisieren zu wollen – ist es ein Roman, eine Autobiographie oder eine Art Tagebuch? – dann erwartet den Leser eine, im privaten Ton verfasste Erzählung alltäglichen Lebens, eine kriselnde Ehe, eine siebenjährige Tochter, Anekdoten von der iranischen Familie, Kommentare zur aktuellen Politik und Kultur, gespickt mit den brillanten Ausführungen eines Feuilletonisten.
Kermani, der Erzähler, manchmal Ich-Erzähler, manchmal aus der Perspektive des Ehemanns, Vaters oder Romanschreibers, offenbart eine Vielzahl von Gesichtern. Manchmal derb und vulgär, wandelt er sich Zeilen später zum tapsigen von der Ehe überforderter Vater, gibt sich als planloser, ja fast dilettantischer Schreiber, um dann mit großem Feingefühl in der Betrachtung eines Freundes oder Kollegen das zerbrechlich Menschliche zu sehen, die individuelle Schönheit eines Rocksängers, Komponisten, Arztes oder politischen Kämpfers.
Das Zerbrechliche, das die Figuren eint, ist nicht ihrer Persönlichkeit oder den Verhältnissen zuzuschreiben, sondern der zeitlichen Begrenztheit des Menschen und seines Schaffens, das keinen Bestand hat. So wählt Kermani als Form den Nachruf, der aus seiner „Selberlebensbeschreibung“ auch ein Totenbuch macht. Man empfindet eine melancholische Rührung für die zum großen Teil unbekannten Menschen und eine zweite Rührung oder ein Lächeln, ob dieser Mühe, den Ausdruck ihrer selbst einem großen Publikum bekannt zu machen.
Dieser Blick, der nicht selbstverständlich ist, sondern auf den Willen des Betrachters, Schönheit sehen zu wollen, angewiesen ist, verwandelt das Werk in ein Buch des Lebens.
Den Romanschreiber plagt die Hybris, die ganze Welt ausgerechnet aus seinem Blickwinkel beschreiben zu können.
Für den Leser bieten sich dadurch reizvolle Einblicke in eine Geisteswelt, in der sich die mystische Entrückung Hölderlins - „das Werden und Vergehen“ - in einem persischen Derwischorden wieder findet oder sich die Aufzeichnungen des Großvaters, die nicht enden wollenden Schriften Jean Pauls und der eigene Roman zu einer philosophischen Betrachtung über das Schreiben, das Sich-Schreiben und das durch den Autor Sich-Schreibende verdichten.
Die 1200 Seiten, die eine gewaltige Kraftanstrengung des Autors erfordert haben müssen, stellen den Leser vor eine fast gleichgroße Aufgabe.
(hkl)

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008 -2013 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 06. November 2013