Alexander von Humboldt – Familie
Mendelssohn
Briefwechsel
Herausgegeben Von Sebastian Panwitz und Ingo Schwarz
Akademie Verlag, 2011
Alexander von Humboldt verband eine vielfältige und zum Teil intensive
Freundschaft mit den Mitgliedern der Familie Mendelssohn. War die
Bekanntschaft zu Moses Mendelssohn, den Alexander als Gelehrten und
Philosoph hoch verehrte, aufgrund des großen Altersunterschiedes eher
flüchtig, so unterhielt er einen umso regeren Kontakt mit seinen drei
Söhnen und dessen Familien, allen voran mit Joseph Mendelssohn, seiner
Frau Henriette und ihrem Sohn Alexander.
Kennen gelernt hatte er den Jugendfreund Joseph im Umfeld der Berliner
Salons, die sich, wie der berühmte Salon der Henriette Herz, auf
künstlerischem und literarischem Gebiet hervortaten und zu wichtigen
Begegnungsstätten zwischen Adel, Großbürgertum, Intellektuellen und vor
allem auch jüdischen Bürgern wurden.
So war die Freundschaft zwischen dem adligen von Humboldt, Kammerherr
und Lieblingsgast des Königs und Mitglied der preußischen Akademie der
Wissenschaften und den vermögenden Financiers und Mäzenen für Kunst und
Wissenschaft eine, für beide Seiten, Gewinn bringende Begegnung.
Alexander von Humboldt setzte sich verschiedentlich beim König, sowohl
bei Friedrich Wilhelm III. als auch bei Friedrich Wilhelm IV., in den
Ministerien oder in der Akademie für die Mendelssohns ein, denen als
Juden diese Kreise weitgehend verschlossen blieben. Auf der anderen
Seite gewährte Joseph Mendelssohn großzügige Kredite oder unterstützte
auf andere Art die kostenintensiven Forschungen Humboldts. Dass diese
Verbindung über Geschäftliches weit hinaus ging, belegt die Fülle der
hier editierten Briefe, die, trotz des höflich-formalen, intellektuellen
Tons des frühen 19. Jahrhunderts, von einer freundschaftlichen und
humorvollen Beziehung zeugen. Die Mehrheit der gesammelten Briefe sind
von Alexander von Humboldt an die Mendelssohns geschrieben worden und
geben folglich besonders über ihn Auskunft – über seine
Alltagsgeschäfte, die eindrucksvolle Bandbreite seiner
wissenschaftlichen Befassungen, die mit der durch 30 Bände
dokumentierten Forschungsreise seiner“ Jugendjahre“ nach Lateinamerika
noch lange nicht endete und über seinen Umgang im öffentlichen, wie im
privaten Leben. Als eloquentem und charmantem Redner standen ihm nahezu
alle Kreise offen und sein Engagement für Freunde und Kollegen lässt
einen tiefen Humanismus erkennen, der mit dem höfischen
Selbstverständnis seiner Zeit oft nicht harmonieren wollte.
Etwa zwanzig verschiedene Editionen beschäftigen sich mit dem gewaltigen
Briefverkehr Alexander von Humboldts. Diese neue Edition umfasst auf
knapp 300 Seiten im Zeugnis von mehr als 300 Briefen eine Spanne von 40
Jahren. Beeindruckend sind der Eifer und die Hingabe, die der Begründer
einer Weltwissenschaft auf die Pflege seiner mannigfachen Kontakte
verwendete. Dabei dürften Liebenswürdigkeit und Aufgeschlossenheit im
Tone von Humboldts, wie das folgende Zitat aus einem Brief an Joseph
Mendelssohn belegt, nicht unerheblich zum gesellschaftlichen Erfolg des
Gelehrten beigetragen haben: „Ich glaube am sichersten ist es, mein
theurer Freund, ich bitte Sie und Ihre liebenswürdige Gattin mir zu
erlauben Sonntag bei Ihnen zu essen. Werde ich auch zum König befohlen,
so komme ich doch um 4 Uhr und mache für Sie allein gern die Ausnahme
des zweifachen Speisens.“
Den Briefen ist ein Dokumententeil angefügt, der zusammen mit dem
ausführlichen Vorwort der Herausgeber, den präzisen Anmerkungen und
Literaturverweisen und dem Index hilft, den inhaltlichen Kontext der
Korrespondenzen zu erschließen.
(hkl)
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