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Yomb May


Georg Forsters literarische Weltreise
Dialektik der Kulturbewegung in der Aufklärung




De Gruyter Verlag, 2011
 

Georg Forsters „literarische Weltreise“ ist ein zweifacher Brückenschlag. Zunächst ist sie eine Vermittlung zwischen Europa und der Südsee seiner Zeit. Weiter verbindet der Bericht das heutige Selbstverständnis Europas, als Kultur der Aufklärung, mit ihren Wurzeln Der Bericht des Entdeckers und frühen Vertreters der Ethnologie und Ethnographie wird vom Autor als Dialektik des europäischen Aufklärungsprojektes im Spiegel der Südsee-Entdeckung gelesen und wird somit zur Grundlage eines kritischen Diskurses zu Europa und seiner Fremdwahrnehmung.
Forsters Leben (1754-1794) liest sich wie ein Abenteuerroman. Er nahm Teil an der zweiten Weltumsegelung von James Cook (1772-1775) und war der Vorreiter in der ethnologischen Erfassung der Südsee. In Deutschland war er Mitbegründer und Vizepräsident der Mainzer Republik, nachdem die napoleonische Armee die Stadt besetzt hatte. Mit dem Rückzug Napoleons musste auch Forster, den die Reichsacht Kaiser Franz II. getroffen hatte, den revolutionären Truppen nach Paris folgen. Die Schreckensherrschaft der Jakobiner unter Robespierre vor Augen starb er im Alter von 40 Jahren in Paris an einer Lungenentzündung, ohne das er sich von der Revolution distanziert hätte. Diese Haltung bestimmte maßgeblich die Rezeption seiner Werke und die Beurteilung seiner Person: im Kaiserreich und während des Nationalsozialismus als Vaterlandverräter verschrien, wurde er in der DDR als unerschütterlicher Revolutionär gefeiert. Der vorliegende Band stellt die Erfahrungen und Gedanken zum Kulturkontakt in den Mittelpunkt, wie sie in der 1778 erschienenen Reise um die Welt referiert werden, und die über den historischen Rahmen hinaus, den Wert des Werkes ausmachen.
Der Bericht vermittelt weder das verklärende und romantisierende Bild eines „Südseeparadieses“, noch konstruiert er die Südsee als Gegensatz zur europäischen Zivilisation. Die Entdeckungsreise wird zur Erkenntnispraxis und Forsters Beobachten und Beschreiben zur wissenschaftlichen Methode, was sie grundlegend vom zeitgenössischen Verständnis europäischer Überlegenheit und dem entsprechenden Sendungsbewusstsein abhebt. Als interkultureller Vermittler, der sich diese Kompetenz durch die Reise, eine empirische Arbeitsweise und ihre anschließende abstrakt- philosophische Auswertung angeeignet hat, gelangt Forster zu einer Kritik des Eurozentrismus.
Weit davon entfernt, den frühen Reisenden und Begründer der modernen Reiseliteratur zu idealisieren, stellt der Autor fest, dass Forster nicht frei von nationaler Befangenheit und kulturellen Vorurteilen war, aber dennoch, seiner Zeit voraus, bereits den Macht- und Herrschaftsanspruch der europäischen Aufklärung entlarvte, der bis heute die Beziehung des europäischen Kulturraums zur außereuropäischen „Fremde“ maßgeblich bestimmt.
Yomb Mays Abhandlung ist eine detaillierte Analyse der Reise um die Welt, die das Werk Forsters sowohl im Kontext der Literatur- und Kulturwissenschaft als auch erkenntnistheoretisch bearbeitet und seine Relevanz für die Konzepte der Interkulturalität und der Globalisierung herausstellt. 
(hkl)

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008-2011 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 24. November 2011