Lite ra
RIsches Berlin
|
Welt-Philosophien -
Buchbesprechungen
|
Neue Bücher
Empfehlungen
Navid Kermani
Gott ist schön:
Das ästhetische Erleben des Koran
Al-Kindi
Die Erste Philosophie:
Arabisch - Deutsch
Hildegard Elisabeth Keller (Hrsg.)
Der Ozean im Fingerhut:
Hildegard von Bingen, Mechthid von Magdeburg,
Hadewijch und Etty Hillesum
bestellen bei
|
Günter Figal
Erscheinungsdinge
Ästhetik als Phänomenologie
Mohr Siebeck
Verlag, 2010
Die Betrachtung von Kunst, die weder direkt von Nutzen ist, noch eine
Handlung im eigentlichen Sinne darstellt, ist in ihrer Passivität doch
voll von Spannung und Leben. Sie ähnelt dem „unbefangenen, absichtslosen
Hinschauen“ der Philosophie, die seit jeher, trotz eines eindeutigen
Mangels an Nutzenorientiertheit, menschliches Verhalten und das
Verhalten in ganzen Kulturen leitete.
Bereits in der Antike wird gestritten ob Kunst, vor allem Dichtung,
Wissen ist und somit der Philosophie gleich kommt oder, wenn man Platon
folgt, als Tand und Zeitverschwendung zu bezeichnen ist, die gefällt,
aber nicht erhellt.
Die „gelassene Moderne“ hat dem Autor zu Folge keinen Grund mehr, sich
mit der Tradition zu messen, Grundsätze anzuzweifeln oder neu
aufzustellen. Damit geht aber auch ein relatives Desinteresse für die
philosophische Betrachtung der Kunst einher. Günter Figals
Erscheinungsdinge will diesem Mangel entgegenwirken, indem es die
Kunsterfahrung als direkt auf den Grund des philosophischen Denkens
führend beschreibt.
Beglückung und Erheiterung durch Kunst, der man sich jenseits des
Alltags hingibt, ist Inbegriff von Leben, das offensichtlich nicht der
Logik bloßer Anforderungen folgt. Vielmehr sucht der Betrachter im
Kunstwerk, wie in der Philosophie, nach dem verborgenen Sinn, einer
tieferen Wahrheit und nach Schönheit.
Das Schlüsselpaar, das Kunst aus dem Alltäglichen heraushebt, sei
Erscheinung und Erfahrung. Da Kunst weder exakt beschrieben, erklärt,
definiert oder rekonstruiert werden kann, muss sie erfahren werden.
Figal erläutert, dass Musik, die Erfahrung des Hörbaren ist, Architektur
die Erfahrung der Räumlichkeit, des sichtbaren und begehbaren Raumes und
Literatur die Erfahrung der immer wieder neu gestalteten Sagbarkeit des
Sagbaren – die Schönheit findet sich in der Erscheinung höchster
Intensität.
Figals hermeneutischer Ansatz, also Philosophiegeschichte und die
philosophische Tradition von Aristoteles bis heute einer immer währenden
Befragung zu unterziehen und sie damit in die eigene Philosophie
einzubinden und der phänomenologische Zugang, der die Sinne und das
Erfahrbare zur Grundlage von Erkenntnis erhebt, stellen das
Handwerkszeug seiner Arbeit dar. Lebendigkeit erlangt Philosophie ihm
zufolge in der Interpretation und im Verstehen, in denen Figal sich die
subjektive Freiheit entfalten sieht. (hkl)
Nächste Rezension
***
bestellen bei
|
|