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Günter Figal

Erscheinungsdinge
Ästhetik als Phänomenologie




Mohr Siebeck Verlag, 2010
 


Die Betrachtung von Kunst, die weder direkt von Nutzen ist, noch eine Handlung im eigentlichen Sinne darstellt, ist in ihrer Passivität doch voll von Spannung und Leben. Sie ähnelt dem „unbefangenen, absichtslosen Hinschauen“ der Philosophie, die seit jeher, trotz eines eindeutigen Mangels an Nutzenorientiertheit, menschliches Verhalten und das Verhalten in ganzen Kulturen leitete.
Bereits in der Antike wird gestritten ob Kunst, vor allem Dichtung, Wissen ist und somit der Philosophie gleich kommt oder, wenn man Platon folgt, als Tand und Zeitverschwendung zu bezeichnen ist, die gefällt, aber nicht erhellt.
Die „gelassene Moderne“ hat dem Autor zu Folge keinen Grund mehr, sich mit der Tradition zu messen, Grundsätze anzuzweifeln oder neu aufzustellen. Damit geht aber auch ein relatives Desinteresse für die philosophische Betrachtung der Kunst einher. Günter Figals Erscheinungsdinge will diesem Mangel entgegenwirken, indem es die Kunsterfahrung als direkt auf den Grund des philosophischen Denkens führend beschreibt.
Beglückung und Erheiterung durch Kunst, der man sich jenseits des Alltags hingibt, ist Inbegriff von Leben, das offensichtlich nicht der Logik bloßer Anforderungen folgt. Vielmehr sucht der Betrachter im Kunstwerk, wie in der Philosophie, nach dem verborgenen Sinn, einer tieferen Wahrheit und nach Schönheit.
Das Schlüsselpaar, das Kunst aus dem Alltäglichen heraushebt, sei Erscheinung und Erfahrung. Da Kunst weder exakt beschrieben, erklärt, definiert oder rekonstruiert werden kann, muss sie erfahren werden. Figal erläutert, dass Musik, die Erfahrung des Hörbaren ist, Architektur die Erfahrung der Räumlichkeit, des sichtbaren und begehbaren Raumes und Literatur die Erfahrung der immer wieder neu gestalteten Sagbarkeit des Sagbaren – die Schönheit findet sich in der Erscheinung höchster Intensität.
Figals hermeneutischer Ansatz, also Philosophiegeschichte und die philosophische Tradition von Aristoteles bis heute einer immer währenden Befragung zu unterziehen und sie damit in die eigene Philosophie einzubinden und der phänomenologische Zugang, der die Sinne und das Erfahrbare zur Grundlage von Erkenntnis erhebt, stellen das Handwerkszeug seiner Arbeit dar. Lebendigkeit erlangt Philosophie ihm zufolge in der Interpretation und im Verstehen, in denen Figal sich die subjektive Freiheit entfalten sieht. 
(hkl)

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008-2011 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 24. November 2011