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Kein anderes Meer
übersetzt aus dem Englischen von Kathrin Razum
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Die magische Szenerie des kleinen, imaginativen Ortes Ville Rose, der, unweit der Hauptstadt Haitis, zwischen der Karibischen Küste und einem erodierenden Gebirgszug angesiedelt, an einen „unnützen“ Berg ohne Früchte und ohne trockenes Holz angelehnt ist, nimmt schon auf den ersten Seiten ganz gefangen. In einer Art verlangsamter Melancholie entwickelt sich die Geschichte des Mädchens
"Claire vom Meereslicht" und umrahmt wie in der mündlichen Tradition des „storytellings“
die Geschichten, die sich um einzelne Bewohner des Städtchens spannen. Ihren zarten Freuden stehen Gewalt und Zerstörung gegenüber,
ähnlich dem sich ruhig zurückziehende Meer nachdem es sich tosend entrollt und Verderben und Zerstörung hinterlassen hat.
Mythologie und haitianischer Volksglaube sind untrennbar in die Erzählung über das heranwachsende Mädchen eingewoben. Claire, deren Geburt der Mutter den Tod brachte, ist nach dem Volksmund ein
Revenan, ein ins Leben zurückgekehrtes Kind. Es ist ein Geheimnis um das anmutige Mädchen. Ihre Geburtstage sind fortan gepaart mit dem Tod einer anderen Person und ihr Name, den ihre Mutter für sie bestimmt hatte, ist eng mit der karibischen Meeresgöttin Lasirèn verbunden und den widersprüchlichen Aspekten, die
diese charakterisieren – ihrer sanftmütigen Schönheit und ihrem Zorn.
Sie ist die große Schutzgöttin der karibischen Fischer,
obgleich Lasirèn sie in den Tagen ihrer Aufgebrachtheit verschlingen wird.
Die den Gefahren ihres Handwerks ausgelieferten Fischer, die Brutalität der Banden, Morde, Familiendramen, ein Mädchen, das seine Mutter sucht, ein Vergewaltiger, der nicht verwindet, dass er von seinem Kind nicht angenommen wird und den das Meer wieder ausspuckt, all diese einzelnen Geschichten, die sich in „Ville Rose“
ereignen, bindet Edwige Dantikat in einen Zyklus, ein Geflecht ein, das, sichtbar wie unsichtbar, die inneren Impulse der haitianischen Lebenswelt offenbart.
(bpk)
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