Hans Herbert Grimm
Schlump
Geschichten und Abenteuer
aus dem
Leben
des
unbekannten Musketiers
Emil Schulz,
genannt „Schlump“
Kiepenheuer & Witsch, 2014
Klang und Bedeutung von Schlingel
und Lump scheinen sich in dem kuriosen Namen des Romanhelden zu mischen.
Als er, 16-jährig, in den Krieg zieht, ist Schlump, was die Zufälligkeit
der Ereignisse und die Einfalt seines Wesens anlangt, in jedem Fall dem Grimmelshausen’schen
Simplicissimus nicht unähnlich. Seine erste Station, drei Dörfer westlich
von Calais, nahe der Belgischen Grenze, über die er, wegen seiner Französischkenntnisse,
als Ortskommandant eingesetzt wird, hat denn auch überhaupt nichts
Kriegerisches. Der Kanonendonner ist weit weg, die Menschen, die er zur
Arbeit einteilen muss, sind aufgeschlossen und gastfreundlich und die jungen
Mädchen bereiten dem Frankreichreisenden nie erträumte Liebesfreuden.
Was folgt, könnte alptraumartiger kaum
sein. Die Ablösung und Versetzung an die Front ist der Absturz aus dem
Paradies in den Dreck, die Nässe und Kälte des Schützengrabens, in Hunger
und Schlaflosigkeit, in das ganze namenlose Elend des Menschenschlachtens.
Teil drei des Buches liest sich wie die
Synthese aus den vorangegangenen Teilen. Ein Lazarettaufenthalt und der
anschließende Einsatz in der Etappe, weit weg vom blutigen Kriegsgeschehen,
lassen das Leben wieder erträglich erscheinen. Schlump lernt es, Geschäfte
zu machen, verschiebt Bettlaken, Zucker und Schnaps und wird reich dabei.
Der märchenhafte Gestus des Buches lässt
seine ideologische Botschaft in den Hintergrund treten. Dennoch war es natürlich
unter den Büchern, die von den Nationalsozialisten verbrannt wurden. Auch
in der DDR konnte man dem pazifistischen und antiautoritären Ton seines
Autors nichts abgewinnen.
Schlump
kam 1929 heraus und hatte Schwierigkeiten, sich gegen Im Westen nichts Neues, den fast zeitgleich erschienenen
Weltbestseller von Erich Maria Remarque, durchzusetzen. Das Buch geriet in
Vergessenheit. Sein Autor, Hans Herbert Grimm (1896-1950), ein Schullehrer
aus dem thüringischen Altenburg, hat den Roman unter dem Pseudonym Emil
Schulz geschrieben und seine tatsächliche Identität erst nach dem
Zweiten Weltkrieg preisgegeben. Im Nachwort gibt Volker Weidermann, sein
verdienstvoller Wiederentdecker, weitere biographische Details und stellt
das Buch in den Zusammenhang der Antikriegsliteratur der Zwischenkriegszeit.(ak)
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