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Ich will Zeugnis
ablegen bis zum letzten.

Tagebücher 1933 - 1945. 2 Bände

Victor Klemperer

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Al-Suhrawardi

Philosophie der Erleuchtung - Hikmat al-ishraq

Aus dem Arabischen übersetzt und herausgeben
von Nicola Sinai

 

Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag


Die Lichtsymbolik hat im zoroastrischen „Glücksglanz“, im koranischen „Lichtvers“ und in der neuplatonischen Lehre ihre Bezugspunkte. Shihab al-Din al-Suhrawardi macht sie in seiner philosophischen Abhandlung darüber hinaus zum Grundbaustein seiner kosmologisch-anthropologischen Weltschau.
Lange hat die westliche Philosophieforschung die Bedeutung der arabisch-muslimischen Philosophie nur in der Funktion der Übermittlung griechischer Texte von Aristoteles bis Platon an die abendländische Geisteswelt gesehen. Man gestand ihr eine lediglich konservierende Wirkung zu und sprach ihr jegliche Innovation und inhaltliche Beschäftigung mit dem antiken Gedankenschatz ab. Erst in der mittelalterlichen Scholastik sah man den unterbrochenen Geistesfluss fortgesetzt.
Die Übermittlung aristotelisch-neuplatonischer Philosophie erfolgte maßgeblich über die zwei arabischen Gelehrten, Ibn Sina / Avicenna (gest. 1037) und Ibn Rushd / Averroes (gest. 1198). Mit dem Tod des Letzteren, diagnostizierte man ein Ende der arabischen Philosophie griechischer Prägung. Nicolai Sinais Neuübersetzung der Philosophie der Erleuchtung von al-Suhrawardi, eines Zeitgenossen von Averroes, widerspricht dieser These.
Nach dem Tod al-Suhrawardis, den Saladin hatte hinrichten lassen, war sein philosophisches Hauptwerk Hikmat al-ishraq Gegenstand einer philosophischen Debatte, die man als einen in der Tradition der Antike stehenden Zweig arabischer Philosophie bis ins 19. Jahrhundert weiterverfolgen kann. Entgegen dem hegelianischen Bild der Philosophie als einlinigem Prozess, folgt daraus, dass sich aus der antiken Philosophie, zwei weitgehend parallele Linien, eine christlich-europäische und eine muslimisch-arabische, herausgebildet haben.
Unterschiede sieht Sinai in der großen Nähe arabischer Philosophie zur mystischen Weltsicht der Sufis, die dem zunehmend rational ausgerichteten Denken des Abendlandes entgegensteht.
Al-Suhrawardi beginnt dort, wo die westliche Sicht das Ende der arabischen Philosophie sieht. Die Dekonstruktion Avicennas, das Hervorheben Platons als „Führer und Meister der Philosophie“ vor dem „ersten Lehrer“ Aristoteles und die Bezugnahme auf eine altiranische Weisheitsschule bereiten seine „Wissenschaft der Lichter“ vor. Das intuitive Erkennen, die platonische Überzeugung, wahre Erkenntnis nicht in der profanen Welt der Sinne sondern nur im Reich der Idee finden zu können, verdeutlicht die Hinwendung zur Mystik.
Den Begriff der Emanation von Plotin aufnehmend, entwickelt der Philosoph die Vorstellung des Überfließens einer immateriellen, vollkommenen Seins-Fülle, die aus sich heraus, aus dem Nichts, ein Zweites erschafft. In früheren philosophischen Konzepten als Intellekt bezeichnet, ist dieses Zweite das Erkennende, das des Schöpfers und seiner selbst gewahr wird. In Opposition zu diesem Sein entsteht der Kosmos, Äther und Planeten in einer Folge von weiteren Emanationen der ursprünglichen Kraft, die in dem Geschaffenen wirkt. Das Licht verdeutlicht dabei die Eigenschaft dieser Urkraft, die, obwohl inkonsistent, sichtbar ist und ohne Intention oder Einwirkung auf anderes zu haben, dieses sichtbar macht.
Die hoch komplexen theologischen Betrachtungen, die im Hikmat al-ishraq entfaltet werden, teilen sich die knapp 500 Seiten des Buches mit einem umfangreichen Kommentar des Herausgebers, der ausführlich in den historischen und geisteswissenschaftlichen Kontext einführt und einzelne Textstellen des Werkes kritisch beleuchtet.
(hkl)

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 25. Juli 2011