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Doppelleben:
Heinrich und Gottliebe von Lehndorff im Widerstand
gegen Hitler und von Ribbentrop 


Antje Vollmer


 


Schloss Steinort, in unmittelbarer Nähe des Führerhauptquartiers Wolfsschanze, und ein ehemaliger Pfarrhof in Peterskirchen bei München sind die geographischen und gesellschaftlichen Pole, zwischen denen die Lebenswege von Heinrich und Gottliebe von Lehndorff ausgebreitet werden. Der Titel des Buches, Doppelleben, ist auf seine Protagonisten, aber mehr noch auf diese Schauplätze mit ihrem widersprüchlichen Geschehen gemünzt.
Der ostpreußische Adelssitz Steinort war einer der Treffpunkte, an denen sich die Verschwörer der Gruppe um Henning von Tresckow, zu denen auch die von Lehndorffs zählten, über Jahre hinaus trafen. Zur gleichen Zeit diente ein Flügel des Schlosses Hitlers Außenminister, Joachim von Ribbentrop, als Wohnort und Bühne für seine Hofhaltung.
Den Hof in Peterskirchen hatte die heimatlos gewordene Gottliebe mit Mitteln des Lastenausgleichs in den sechziger Jahren gekauft. Es heißt, er habe sie in seiner Anlage an Steinort erinnert. Zu Zeiten der Studentenbewegung wandelte sich dieser Ort zu einer ersten Adresse der süddeutschen Kunstszene. Filmemacher, Philosophen und Weltverbesserer trafen sich hier, darunter Rainer Werner Fassbinder und Hanna Schygulla, die hier dreizehn Jahre mit Gottliebe Tür an Tür lebte und ein Nachwort zu dem Buch beigesteuert hat.
Unter den von der Autorin präzise und übersichtlich vorgestellten Quellen ragt ein erstmals in Gänze veröffentlichter und ein eigenes Kapitel beanspruchender Abschieds- und Liebesbrief Heinrich von Lehndorffs an seine Frau heraus. Die höchst privaten, intimen Zeilen, die am
3. September 1944 unmittelbar vor seiner Hinrichtung geschrieben wurden und die keinerlei politisch-moralische Botschaft enthalten, sind überaus berührend.
Antje Vollmer, die Theologin und Grünen-Politikerin, ist als Autorin dieser biographischen Unternehmung ein Glücksgriff. Sie findet einen wunderbaren Erzählton, der, sich zwischen Empathie und Zurückhaltung bewegend, einen starken Eindruck von der persönlichen Verfassung dieser weitgehend vergessenen Widerstandskämpfer vermittelt und der die gewaltige Dramatik nachfühlbar macht, mit der der Zusammenbruch, beziehungsweise die Auslöschung der persönlichen und gesellschaftlichen Lebenswelten des Paares einherging.
Ein Literaturverzeichnis und ein kunsthistorischer Abriss von Kilian Heck über das erhalten gebliebene und auf seine Renovierung wartende Schloss Steinort beschließen den mit Schwarzweißfotos illustrierten Band. 
(ak )

                                                             

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 30. März 2011