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Ich will Zeugnis
ablegen bis zum letzten.

Tagebücher 1933 - 1945. 2 Bände

Victor Klemperer

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Jacques Derrida

Das Tier, das ich also bin.



Passagenverlag 2011.



Philosophie ist, die richtigen Fragen zu stellen: Was ist die Welt? - oder - Was ist der Mensch? Diese zentralen philosophischen Fragen sind die konkretesten und allgemeinsten zugleich und ihnen liegt immer die Frage nach dem Sein zugrunde.
Derrida, Begründer und wichtigster Vertreter der Dekonstruktion, nähert sich den Fragen auf indirekte und unerwartete Weise. Das Tier, das ich also bin ist ein 1997 gehaltener Vortrag, der sich mit zusammen mit einem transkribierten Audio-Mitschnitt als Nachtrag und dem Anmerkungsteil auf 275 Seiten erstreckt. Doch Derridas letztes großes Projekt, das Tier als Antagonist des Menschen zu dekonstruieren und dagegen eine Philosophie des Menschen im Angesicht des Tieres zu stellen, blieb dennoch unvollendet.
Jacques Derrida entdeckt in der Frage nach dem Sein der Philosophien von Aristoteles bis Heidegger, der Idealisten bis zu den Realisten, neben bloßen Dogmen, die keine wirklichen philosophischen Erkenntnisse darstellen, den Versuch, mit der Unterscheidung zwischen Mensch und Tier über die schuldig gebliebene Antwort hinwegzutäuschen. Die Abgrenzung zum Tier, wird in der abendländischen Philosophie zu einem den Menschen konstituierenden Mittel. Die Eigenschaften, die den Menschen auszeichnen, wie Vernunft, Kultur, Bewusstsein, Technik und Kleidung, unterscheiden ihn vom Tier. Derrida fragt nun, ob es dem Menschen zusteht dem „Tier“, welch fragwürdige Vereinheitlichung,  denn immerhin setzt sich die Welt der Tiere aus einer unfassbaren Vielfalt zusammen, all diese Attribute abzuerkennen und sie gleichzeitig, dem „vernunftbegabten Tier“, dem Menschen, zuzusprechen?
Der Logozentrismus, auf dem diese Abgrenzung basiert, da der Mensch also über seinen Verstand, über sein „ich denke“ zu der Antwort „ich bin“ kommt, ist für Derrida eine Ablenkung.
Im Kern ist sein Entwurf die Verhandlung des Selbst mit dem „Anderen“. Das „Tier“ als Teil der wilden Natur, die der Mensch überwunden haben will, wird mit der gleichen Begründung entrechtet und durch Zwang zum Vieh, zum domestizierten Haustier gemacht, wie Kriege gegen sogenannte "wilde", "unzivilisierte" Nachbarn geführt werden.
Der französische Originaltitel „Le animal que je suis“ lässt neben der deutschen Übersetzung „Das Tier, dass ich also bin“ auch die Lesart „das Tier, dem ich folge“ zu. Derrida öffnet sich dem Fremden und zeigt Grenzen so auf, dass wo sie zugleich Übergänge darstellen.
Die Dekonstruktion hebt die Gewalt hervor, die die Philosophie, die nach Affirmation sucht,  dem Tier aber auch dem Menschen antut und stellt ihr eine Vielfalt von möglichen Perspektiven entgegen. Das „Tier“ existiert nicht, es existieren viele Tiere und  Worte für sie. Derrida benutzt deshalb konsequent den Begriff l´animot. Neben der Mischung aus den Worten "animal" und "mot" für "Tier" und "Wort" klingt es wie der Plural "animeaux" der Plural von "animal" und versinnbildlich die Polyphonie möglicher Aussagen zu der Frage - Was ist der Mensch? 
(hkl)

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  Stand: 28. Juli 2015