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Bruno Taut

Japans Kunst – mit europäischen Augen gesehen

Herausgegeben von Manfred Speidel

 

Gebrüder Mann Verlag, 2011.


Tauts Liebeserklärung an die japanische Kunst gilt der Flüssigkeit der Linien, der Leichtigkeit der Technik, die den Anschein von Improvisation vermittelt, bei gleichzeitiger Einhaltung eines absoluten und strengen Stils. Weiter erkennt der Autor in der Einbindung von Kunst als festem Bestandteil des Alltags eine Kulturleistung von internationaler Bedeutung. Seine daraus abgeleitete Forderung: Kunst darf nicht mehr eine gesellschaftliche Randerscheinung sein, die lediglich dem Bildungsanspruch und der kulturellen Propaganda der gehobenen Gesellschaftsschichten dient.
Bruno Taut (1880-1938) war im Berlin der 1920er Jahre ein erfolgreicher Architekt des „Neuen Bauens“. Genossenschaftliche Projekte, wie die von der UNESCO 2008 zum Weltkulturerbe erklärte Hufeisensiedlung in Berlin-Britz, sind Zeugnisse seines Schaffens. Einer Einladung des „Internationalen Architekturbundes Japans“ folgend, kam Taut 1933, von den Nationalsozialisten als „Kulturbolschewist“ gebranntmarkt, für drei Jahre nach Japan, in denen er weniger als Architekt, denn als Berater und Entwerfer alltäglicher Gebrauchsgegenstände Arbeit fand.
In sublimer Sprache und mit einem genauen Blick gibt er eine sehr individuelle Einführung in die japanische Kunstgeschichte und thematisiert die Spannung zwischen der Bewahrung der Tradition und der Weiterentwicklung zur Moderne durch die Übernahme westlicher Wertvorstellungen. Taut benennt die Gefahr, die von der auf Zweckmäßigkeit, Fortschritt und Erfolg ausgerichteten europäischen Weltsicht einer Kultur droht, die mit China als „klassischer Nährmutter“ eine Philosophie der Absichtslosigkeit verfolgt, die in der Stille ihre Erfüllung sucht.
Den hohen Stellenwelt, den Kunst im japanischen Alltag hat, erläutert Taut am Beispiel des Tokonoma, der Bildnische, die es in jedem japanischen Haus gibt. Sie ist der festumrissene Ort, an dem je nach Anlass ein Kakemono, ein Rollbild mit Malerei oder Kalligrafie, aufgehängt, eine Vase mit Blumengesteck oder ein Räuchergefäß aufgestellt werden. Das Haus, dessen Architektur Ausdruck einer größtmöglichen Reinheit der Formen, einer abstrakten Neutralität und Funktionalität ist, bietet so dennoch einen Raum für den ganz persönlichen Ausdruck des Geistes- und Gefühlslebens seiner Bewohner.

Die Bewunderung für die traditionelle japanische Kunst und für ihre Einbettung in die Lebenswelt der Menschen bedeutet nicht, dass Taut die moderne Weiterentwicklung der Kultur, wie sie seine japanischen Gastgeber und Kollegen beabsichtigten, nicht unterstützt hätte. Der Weg Tauts führt zwischen Tradition und Fortschritt in ein Miteinander, nicht in ein Entweder-Oder. Dies gilt sowohl für die Kunst innerhalb eines Landes, als auch für eine internationale Kommunikation durch Kunst, die so zur wichtigsten Brücke zwischen den Kulturen wird. Mit diesem außergewöhnlich feinfühligen Beitrag zur japanischen Kunst und seiner Vision von einer friedlich-vielfältigen Welt gegenseitiger kultureller Inspiration stellt sich der Architekt in eine Reihe mit philosophischen Zeitgenossen wie Rabindranath Tagore und Khalil Gibran. Seine kraftvollen Worte lesen sich vor dem Hintergrund der Eckdaten seines Lebenslaufes – das doppelte Exil, erst in Japan (1933-1936), dann in der Türkei (1936-1938), in der er die Modernisierungsbestrebungen des Landes als Architekt unterstützte – als Gegenentwurf zu den unerträglichen Debatten zu Huntingtons „Kampf der Kulturen“: „Feindschaft in Dingen der Kultur ist für jeden, dem sie eine ernste Sache ist, schon ein Widerspruch in sich selbst… In Fragen der Kultur kann nichts geleistet und geschaffen werden, außer in Freundschaft, Hochachtung und Liebe für jede Leistung, woher sie auch kommen mag.“
„Japans Kunst – mit europäischen Augen gesehen“ ist die zweite Veröffentlichung Tauts, die die während seines Aufenthalts in Japan gewonnenen Eindrücke von der dortigen Kunst und Kultur vertieft. Der jetzt erschienene Nachdruck der japanischen Erstveröffentlichung von 1936 ist mit Erklärungen zu den einzelnen Kapiteln und einem Nachwort von Manfred Speidel, sowie zusätzlichen Fotos und Skizzen versehen. 
(hkl)

                                                 
 

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Literatur in Berlin: www.literarisches-berlin.de  © 2008 yuba edition / Brigitte Pross-Klappoth (Berlin)
 Fotos © B.Pross-Klappoth (wenn nicht anders angegeben)
 Stand: 11. Oktober 2011