Eva Cancik-Kirschbaum, Margarete van Ess und Joachim Marzahn (Hrsg.)
Babylon - Wissenskultur
in Orient und Okzident
De Gruyter Verlag, 2011
Der Aufruf des Aristoteles, man solle keine Mühe oder Unkosten scheuen
um das Wissen alter, barbarischer, auch östlicher Kulturen zu erforschen
und es in die eigene Wissensproduktion einbeziehen, findet sein Echo in
der jüdischen Tradition, die in der Schriftkultur Babylons die Mutter
der eigenen Gelehrsamkeit verortet. Ebenso bezeugen das zwar vorwiegend
negative und theologisch überspitzte Bild Babylons, wie es im
Christentum tradiert wird, oder der weit in die islamische Zeit
hineinreichende Kult der Sabäer, die den babylonischen Mondgott Sin
verehrten, die Kontinuität der babylonischen Kultur und den hohen Rang
und wissenschaftlichen Stellenwert, den Babylon als frühe Zivilisation
bis heute hat.
Die politische Bedeutung Babylons und sein Aufstieg zur Hegemonialmacht
erwächst auch aus seiner Fähigkeit, die politische und kulturelle Rolle
von älteren, es umgebenden Reichen, wie dem der Sumerer, zu übernehmen
und fortzuführen. In der Rezeption von Wissen, d.h. in seiner
Kontinuität, Tradierung oder auch Veränderung, findet das Buch eines
seiner Leitthemen. Es beginnt mit der Ausgrabung und Restaurierung Babylons
unter deutscher Leitung ab 1917 und mit einer
Bestandsaufnahme seiner zweifachen Zerstörung – der ersten durch den
antiken Aggressor Rom, der zweiten durch den Irakkrieg seit 2003.
Der Begriff „Raum“ ist die Klammer, die die Sammlung interdisziplinärer
Aufsätze umfasst. „Räume“, darunter versteht der Excellence Cluster
Topoi, aus dem sich die Autoren rekrutieren, sowohl
natürlich-geographische, als auch Menschen gemachte Räume. Der
Herrschaftsbereich des antiken Babylon ist ebenso Thema dieses ersten
Bandes der Berlin Studies of the Ancient World, wie sprachliche,
ideelle und metaphysische Räume und die Vorstellungen, die sich die
damalige wie die heutige Welt von Babylon gemacht hat, bzw. macht.
Das Buch präsentiert auf knapp 400 Seiten im Wesentlichen die Ergebnisse
der 2008 anlässlich der Ausstellung „Babylon – Mythos und Wahrheit“ im
Berliner Pergamon-Museum gehaltenen internationalen Tagung und ist mit
rekonstruierten Lageplänen, Architektur-Zeichnungen und Fotos von den
Ausgrabungsstätten, von Münzen, Schrifttafeln, Rollsiegeln, Tiermasken,
Relieffragmenten und Waffen ausgestattet. Die 22 Beiträge, von denen elf
in Deutsch, zehn in Englisch und einer in Französisch verfasst sind und
die in vier Hauptteile, Babylon – Heute, Babylon – Hauptstadt, Babylon –
Wissensort, Babylon – Wirkungsgeschichte untergliedert sind, berühren
aus unterschiedlichen Perspektiven Themengebiete, wie Religion,
Heilkunde, Recht, Astronomie, Verwaltung.
(hkl)
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