Hans Petschar
Altösterreich
Menschen, Länder und Völker
in der Habsburgermonarchie
Christian Brandstätter Verlag, 2011
„Ein weites Hemd und ähnliche Beinkleider von grober Leinwand, eine hohe
Filzmütze, und bequeme Csismen (Stiefel) von Pferdleder, eine Halsbinde
von schwarzem Flor, ein lederner Gurt, der bunt genähte Tabaksbeutel vom
Schafleder mit seinen Attributen – das ist alles was er braucht, nur
darf noch der zottige Schafpelz nicht fehlen, welcher dem Manne zum
Zelt, zum Bett und zum Ofen dient. …“
Diese Beschreibung gilt den Tsikóshen, ungarischen Pferdehirten, die auf
einem Aquarell aus dem Jahr 1820 dargestellt sind. Sie sind wie Slowenen
aus Krain, orthodoxe Herzegowen, Ruthenen und Philippowaner aus der
Bukowina, Deutschtiroler, Pinzgauer Tresterer, Ybbsthaler Bauern,
bosnische Muslime aus Sarajewo, Hannaken aus Holleschau, galizische
Juden, Lippowaner aus der Fantana-Alba oder Lasowiaken und Goralen aus
dem Karpaten-Vorland Teil der endlos scheinenden Vielfalt von Völkern
und Volksgruppen der Österreich-Ungarischen Monarchie, die in diesem
Band in alten Aquatinta-Radierungen, Fotografien, Zeichnungen oder
Gouachen und begleitet von zeitgenössischen Texten vorgestellt werden.
Den einzelnen Landesteilen mit Kartenskizze, kurzer Statistik und den
Portraits ihrer typischen Bewohner folgen ländliche Genreszenen,
Landschafts- und Stadtansichten und Skizzen aus dem Alltag in
Landwirtschaft, Handwerk und früher Industriearbeit. Besonders reizvoll
sind die exotisch anmutenden Brauchtumsmotive, wie der Perchtentanz, der
Billichfang, das Schmiraggeln oder das Spiel von Schwegelpfeifer und
Hackbrettschläger.
Der Katalog begleitet eine Ausstellung, die noch bis zum 30. 10. 2011 in
der Österreichischen Nationalbibliothek zu sehen ist, und die große
Teile ihres Materials und ihre Inspiration einer älteren Sammlung
verdankt, die unter dem Titel Kronprinzenwerk bekannt wurde.
Auf Anregung des Kronprinzen Rudolf war zwischen 1886 und 1902 die
24-bändige Enzyklopädie „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort
und Bild“ entstanden, ein ethnografisches Werk, das, „anregend und
belehrend zugleich, ein umfassendes Bild unseres Vaterlandes und seiner
Völkerstämme bietet.“
Beim Blick aus dem heutigen Euro-Europa auf diesen multiethnischen
Flickenteppich kann man sich der leicht bangen Frage, was aus all diesen
Bevölkerungsgruppen geworden ist, kaum erwehren.
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