Al-Suhrawardi
Philosophie der
Erleuchtung - Hikmat al-ishraq
Aus dem
Arabischen übersetzt und herausgegeben
von Nicolai Sinai
Verlag der Weltreligionen
im Insel Verlag
Die
Lichtsymbolik hat im zoroastrischen „Glücksglanz“, im koranischen
„Lichtvers“ und in der neuplatonischen Lehre ihre Bezugspunkte. Shihab
al-Din al-Suhrawardi macht sie in seiner philosophischen Abhandlung
darüber hinaus zum Grundbaustein seiner kosmologisch-anthropologischen
Weltschau.
Lange hat die westliche Philosophieforschung die Bedeutung der
arabisch-muslimischen Philosophie nur in der Funktion der Übermittlung
griechischer Texte von Aristoteles bis Platon an die abendländische
Geisteswelt gesehen. Man gestand ihr eine lediglich konservierende
Wirkung zu und sprach ihr jegliche Innovation und inhaltliche
Beschäftigung mit dem antiken Gedankenschatz ab. Erst in der
mittelalterlichen Scholastik sah man den unterbrochenen Geistesfluss
fortgesetzt.
Die Übermittlung aristotelisch-neuplatonischer Philosophie erfolgte
maßgeblich über die zwei arabischen Gelehrten, Ibn Sina / Avicenna
(gest. 1037) und Ibn Rushd / Averroes (gest. 1198). Mit dem Tod des
Letzteren, diagnostizierte man ein Ende der arabischen Philosophie
griechischer Prägung. Nicolai Sinais Neuübersetzung der Philosophie der
Erleuchtung von al-Suhrawardi, eines Zeitgenossen von Averroes,
widerspricht dieser These.
Nach dem Tod al-Suhrawardis, den Saladin hatte hinrichten lassen, war
sein philosophisches Hauptwerk Hikmat al-ishraq Gegenstand einer
philosophischen Debatte, die man als einen in der Tradition der Antike
stehenden Zweig arabischer Philosophie bis ins 19. Jahrhundert
weiterverfolgen kann. Entgegen dem hegelianischen Bild der Philosophie
als einlinigem Prozess, folgt daraus, dass sich aus der antiken
Philosophie, zwei weitgehend parallele Linien, eine
christlich-europäische und eine muslimisch-arabische, herausgebildet
haben.
Unterschiede sieht Sinai in der großen Nähe arabischer Philosophie zur
mystischen Weltsicht der Sufis, die dem zunehmend rational
ausgerichteten Denken des Abendlandes entgegensteht.
Al-Suhrawardi beginnt dort, wo die westliche Sicht das Ende der
arabischen Philosophie sieht. Die Dekonstruktion Avicennas, das
Hervorheben Platons als „Führer und Meister der Philosophie“ vor dem
„ersten Lehrer“ Aristoteles und die Bezugnahme auf eine altiranische
Weisheitsschule bereiten seine „Wissenschaft der Lichter“ vor. Das
intuitive Erkennen, die platonische Überzeugung, wahre Erkenntnis nicht
in der profanen Welt der Sinne sondern nur im Reich der Idee finden zu
können, verdeutlicht die Hinwendung zur Mystik.
Den Begriff der Emanation von Plotin aufnehmend, entwickelt der
Philosoph die Vorstellung des Überfließens einer immateriellen,
vollkommenen Seins-Fülle, die aus sich heraus, aus dem Nichts, ein
Zweites erschafft. In früheren philosophischen Konzepten als Intellekt
bezeichnet, ist dieses Zweite das Erkennende, das des Schöpfers und
seiner selbst gewahr wird. In Opposition zu diesem Sein entstehen
Kosmos, Äther und Planeten in einer Folge von weiteren Emanationen der
ursprünglichen Kraft, die in dem Geschaffenen wirkt. Das Licht
verdeutlicht dabei die Eigenschaft dieser Urkraft, die, obwohl
inkonsistent, sichtbar ist und ohne Intention oder Einwirkung auf
anderes zu haben, dieses sichtbar macht.
Die hoch komplexen theologischen Betrachtungen, die im Hikmat al-ishraq
entfaltet werden, teilen sich die knapp 500 Seiten des Buches mit einem
umfangreichen Kommentar des Herausgebers, der ausführlich in den
historischen und geisteswissenschaftlichen Kontext einführt und einzelne
Textstellen des Werkes kritisch beleuchtet. (hkl)
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